Unbekanntes vom Osnabrücker Karikaturisten Fritz Wolf
Der gebürtige Mühleimer hatte zu dieser Zeit nicht nur die Politik, Wirtschaft und Gesellschaft der alten Bundesrepublik mit spitzer Feder aufs Korn genommen, sondern zudem die kleinen Schwächen und Unzulänglichkeiten der Menschen seiner neuen Heimat liebevoll begleitet.
Für die Neue Osnabrücker Zeitung, die in diesem Jahr ihr 50-jähriges Bestehen feiert, bildeten die Wolf’schen Karikaturen ein prägendes Stilelement. Mit seinen „Bildern aus der Provinz“ für die Zeitschriften „stern“ und „brigitte“ baute sich Wolf zudem eine überregionale Fangemeinde auf.
Bild 1: Privates Erinnerungsstück für den Oberbürgermeister: Beim Jubiläum 350 Jahre Westfälischer Frieden zieht Hans-Jürgen Fip seine Frau Christa der spanischen, niederländischen und dänischen Königin vor.
Bild 2: Widmung für einen geschätzten Osnabrücker Sportfunktionär: Fritz Wolf signierte eine Karikatur für Api Niemann, den Vorsitzenden des SV Rasensport. Reproduktion: Fritz Wolf-Gesellschaft
Große Fangemeinde
„Fritz Wolf liebt die Provinz, denn er lebt gern in Osnabrück. Er könnte in München, Berlin oder Hamburg wohnen – seine Geschichten, die er erzählt, würden nicht viel anders sein: Provinz ist überall“, schrieb Wolfs Gegenüber beim „stern“, Erhard Kortmann. Und so sind es denn vor allem diese „Stenogramme unserer Schwächen“, die den Wolf’schen Karikaturen einen fast zeitlosen Charakter geben.
Am 7. Mai wäre Fritz Wolf 99 Jahre alt geworden. Zum 100. Geburtstag ihres Namenspatrons bereiten die Fritz Wolf-Stiftung (die von der Stadt Osnabrück, der Universität Osnabrück und der Neuen Osnabrücker Zeitung getragen wird) sowie die Fritz Wolf-Gesellschaft mit Unterstützung des Verkehrsvereins Osnabrück ein attraktives Jubiläumsprogramm vor, in dessen Mittelpunkt unter dem Arbeitstitel „Fritz Wolf und Osnabrück“ die vielfältigen Beziehungen und Vernetzungen des Karikaturisten in seiner Wahlheimat stehen werden. Dabei sollen vor allem jene Werke gewürdigt werden, die dieser etwa für den Kirchenboten, über den VfL oder zu besonderen Anlässen von Vereinen, Freunden und Bekannten zu Papier gebracht hat. „Olle use“ pflegten nicht nur die Osnabrücker Laischaften bei ihren Schnatgängen an den Grenzsteinen ihrer Marken auszurufen, sondern dieser alte Ausspruch war der Name von Fritz Wolfs Lieblingskneipe und taucht wiederholt in seinen Zeichnungen auf.
Fritz Wolf kam im Juli 1949 nach Osnabrück, wo er zu einer festen Größe wurde. Von seiner Kunst wie seinem Können überzeugt, bat ihn mancher Einheimische um ein Blatt zu besonderem Anlass.
Dazu gehörte auch der junge Setzer Ferdinand Gösmann in der Druckerei Fromm, der als „Sturmscharführer“ der katholischen Jugend um eine Zeichnung für eine Wohltätigkeitsaktion nachsuchte. Selbstverständlich erfüllte Fritz Wolf diesen Wunsch, wie hektografierte Flugblätter belegen. Fast täglich lieferte er bald seine zeichnerischen Kommentare zunächst bei den Redakteuren der Neuen Tagespost und seit 1967 bei der Neuen Osnabrücker Zeitung ab. Wie das Leben und der Zeitgeist so spielen: Nach erfolgter Zeitungsproduktion landeten die Karikaturen oft im Papierkorb. Gleichwohl lässt sich im Zeitungsarchiv der Neuen OZ das Schaffen des Karikaturisten lückenlos verfolgen – gedruckt ist gedruckt. Weil Liebhaber der Wolf’schen Karikaturen diese Originale teilweise aus den Papierkörben retteten, haben einige seiner frühen Arbeiten der 1950er- und 1960er-Jahre überdauert. Damals druckte die Neue Tagespost neben politischen Bildkommentaren jeden Samstag unter dem Titel „Kleine Osnabrücker Wochenschau“ eine Karikatur, mit der Fritz Wolf zumeist die städtische Politik auf die Schippe nahm.
Originale im Papierkorb
Für ein Jubiläum des von Wolf hochgeschätzten TuS Nahne steuerte er seine Gedanken zum Sportbetrieb als Karikaturen bei: vier von ihnen erwarb Api Niemann, der damalige Vorsitzende der benachbarten SV Rasensport. Fritz und Edith Wolf wohnten auf dessen ehemaligem Grund und Boden an der Frankfurter Heerstraße, sodass es persönliche Bezüge zum ehemaligen Nahner Ratsherrn gab. Und der hält seine damaligen Errungenschaften bis heute in hohen Ehren. Auch für seinen Nachbarn Carl-Friedrich Thiele und dessen Kinder griff Fritz Wolf wiederholt zur Zeichenfeder. Wer sich über die Wolf’sche Sicht auf Ärzte und ihr Wirken informieren möchte, kann dies in der Praxis des heutigen FDP-Fraktionsvorsitzenden im Rat der Stadt Osnabrück, Thomas Thiele, tun.
Bei den legendären Teutonen-Tennis-Turnieren zum Jahresanfang hat Fritz Wolf nicht nur selbst den Tennisschläger geschwungen, sondern sehr freie Interpretationen der Tennisleidenschaft unserer Altvorderen zu Papier gebracht. Der heutige Turnierorganisator und Ex-VfLer Sigi Müller hütet die gedruckten Ergebnisse wie einen Schatz und führt darüber hinaus heute als Schatzmeister die Kasse der Fritz-Wolf-Gesellschaft.
Als Konrad Rohling, der Vorsitzende des Fördervereins für die Ausgrabungen zur Varusschlacht, seinen Bekannten Fritz Wolf 1994 um einen farbenfrohen Kommentar zum Thema bat, stellte dieser das Hermannsdenkmal auf rollende Baumstämme und versetzte es von Detmold nach Kalkriese.
Ebenso köstlich wie treffend sind die Kommentare der staunenden Zuschauer, für die Hermann eben doch „einer von uns“ bleibt.
Zur Kür als Grünkohlkönig lieferte Wolf wenige Jahre später keine humoristische Rede, sondern als bislang einziger Wahlmonarch humorvolle Bilder – die sodann in gedruckter Form als Buch allgemein zugänglich waren.
Hermann Queckenstedt